Glockenguss im Oktober

In einigen Wochen sollen die neuen Glocken für die Seulinger Pfarrkirche St. Johannes der Täufer in der Glockengießerei Bachert in Karlsruhe gegossen werden. Bis dahin war einiges an Vorarbeit zu leisten. Nun sind die Glockenformen fertig und müssen bis Mitte Oktober trocknen. Die Glockengruppe hatte im Sommer Inschriften und Verzierungen der Glocken festgelegt und der Glockengießerei mitgeteilt. 

Aber wie entsteht denn nun eine Glocke? Es werden nacheinander drei Formen erstellt:

Die innere Form

Zunächst mauern die Glockengießer aus Backsteinen und Lehm eine Glocke, die etwas kleiner als das Innere der später fertigen Glocke ist. In der Mitte wird dann die Metallstange mit der Glockenrippe befestigt. Sie dreht sich genau senkrecht um die Glockenmitte und ist die Schablone für die innere Glockenform. Im nächsten Schritt wird die Glockenform mit einer Mischung aus Lehm, Pferdemist, Kälberhaaren und Stroh genau an die rippe angepasst. Unter der Glocke heizen die Glockengießer ständig mit Holzkohle. So kann der Lehm trocknen und aushärten. Mit Wasser und ganz feinem Lehm glätten die Handwerker die Oberfläche. Später wird sie mit Rindertalg überzogen. es dient als Trennmittel zwischen der ersten und zweiten Glocke. Damit ist die innere Form nun fertig.

Die (falsche) Glocke

Nun wird die äußere Form der Glocke an der Rippe ausgesägt und mit der Stange zurück in die Glockenform gesteckt. Mit einem Gemisch aus Pferdemist, Lehm und Stroh wird nun die äußere Form der Glocke auf den Glockenkörper aufgetragen. Die Rippe dient auch hier wieder als Schablone. Und wieder wird die Oberfläche geglättet, mit Rindertalg als Trennmittel bestrichen und dann die Rippe entfernt. Die äußere Form der Glocke ist somit fast fertig. Es fehlen nur noch die Inschrift und die Verzierung. Diese werden in Bienenwachs geformt und auf die falsche Glocke aufgetragen.

Die äußere Form

Im nächsten Schritt wird aus einem Gemisch aus Lehm, Pferdemist, Stroh und Kälberhaaren eine dicke Schicht auf die zweite Glocke aufgetragen. Die Inschrift und Verzierungen prägen sich in diese Schicht ein. Wenn die Schichten gut ausgehärtet sind, heben die Glockengießer die dritte Glocke ab. Sichtbar wird nun wieder die flasche Glocke. Sie wird vorsichtig von der ersten Glockenform abgehoben. Übrig bleibt die innere Form der Glocke. Dann setzen die Handwerker die dritte Glocke (äußere Form) wieder auf die erste Glocke. Der Zwischenraum zwischen den beiden Glocken ist die eigentliche Glocke, die mit der Glockenbronze ausgegossen wird.

Vorbereitungen für den Glockenguss

Die beiden Glockenformen werden nun in ein Loch, die sogenannte Glockengrube gehoben. Die Grube wird sorgfältig Schicht für Schicht mit erde ausgefüllt und festgestampft bis die Glockenformen vollständig mit erde abgedeckt sind. Nur die Löcher, durch die die flüssige Bronze fließen soll, schauen heraus.

Glockenguss am 20. Oktober

Am 20. Oktober ist es dann soweit. Mit über 1000 Grad heißer Bronze werden die drei Glocken für die Seulinger Pfarrkirche gegossen. Die Bronze füllt den Innenraum zwischen der ersten und der zweiten Form und wird so selbst zur echten Glocke. Die Pfarrgemeinde Seulingen fährt mit einem Bus zur Glockengießerei Bachert, um diesen besonderen Ereignis beizuwohnen.